Als die Römer gingen, kamen die Franken
Wann die Region von Menschen in Besitz genommen wurde, liegt im Dunkel der Geschichte. Im Jahre 1876 traten erstmals Spuren einer frühen Besiedlung ans Tageslicht: Nördlich des heutigen Hermann-Staudinger-Gymnasiums wurden vier Hügelgräber aus der „Hügelgräber-Bronzezeit“ (etwa 1550 – 1250 v. Chr.) entdeckt. 1981 fanden sich dann bei Gartenarbeiten nahe des Krankenhauses zwei typische Urnengräber aus der Zeit um 1000 – 800 v. Chr. Beide Funde geben keine Antwort auf die Frage, ob es zu dieser Zeit bereits eine feste Siedlung gab. Wahrscheinlicher ist, dass wandernder Volksgruppen hier ihre Toten bestatteten. In ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung reichte das römische Imperium bis an den Main, der als "Nasser Limes" mit Kastellen abgesichert wurde. Als das römische Reich zerfiel, siedelten zunächst die Alemannen und später die Franken im Mainland. Die ersten Erlenbacher Höfe wurden wohl erst zwischen 800 und 950 n. Chr. errichtet, und zwar von Wörth aus, das ursprünglich Erlenbach hieß.
Die „Erlenbacher Freiheit“ und das Wappen von Erlenbach
Einer Sage nach machte Kaiser Friedrich Barbarossa um das Jahr 1183 den Ort Erlenbach zu einem "freien Reichsdorf" mit eigener Gerichtsbarkeit und verlieh ihm die "Marktgerechtigkeit", weil wachsame Erlenbacher ihn retteten, als ihm seine Feinde nach dem Leben trachteten. Diese kaiserliche Auszeichnung wurde mit einem Markt- und Freiheitszeichen optisch zum Ausdruck gebracht. Es zeigt „ein creutz, daran eine handt undt schwerdt hangen undt oben druff ein hane.“ Die nach oben zeigende Hand (eigentlich ein eiserner Handschuh) machte deutlich, dass die Bewohner des Ortes Erlenbach unter dem besonderen Schutz des Kaisers standen und dass jeder, der dem zuwiderhandelte, damit rechnen musste, gerichtet zu werden. Der Hahn, von den Erlenbachern als Symbol ihrer Wachsamkeit gedeutet, weist möglicherweise auf einen Anerkennungszins hin, der an den Kaiser zu leisten war.
Das 1953 dem Markt Erlenbach a. Main neu verliehene Wappen basiert auf zwei Siegeln, die das Dorfgericht Erlenbach nachweislich in der Zeit von 1722 – 1810 führte und deren Bilder sich entsprechen. Beide zeigen den kaiserlichen Doppelkopfadler und die Buchstaben E und B ( für Erlenbach), einer hält in der rechten Klaue den Reichsapfel und in der linken ein Schwert und über den Adlerköpfen schwebte ein Kurfürstenhut.
Urkunden und Dokumente
Ob Kaiser Friedrich Barbarossa Erlenbach 1183 die "Marktgerechtigkeit" verlieh, ist urkundlich nicht belegt. Die erste Erwähnung Erlenbachs stammt aus dem Jahre 1236 und berichtet von der Übertragung des Patronatsrechts an der Erlenbacher Kirche auf das Zisterzienserinnenkloster Himmelthal. 1261 wird erstmals Weinbau auf dem heutigen Werftgelände und am Hochberg aktenkundig.
Die Dokumente der folgenden Jahrhunderte belegen Vieles über das meist mühselige alltägliche Leben der Menschen, das keineswegs immer still dahin floss: Auch in Erlenbach wüteten Kriege, Seuchen und Hungersnöte, und auch hier fielen Menschen dem Hexenwahn zum Opfer oder mussten als Soldaten ihr Leben lassen.
Vom Mainzer Rad zum bayerischen Löwen
Das Dorf Erlenbach, das ursprünglich zur Herrschaft Klingenberg gehörte, stand seit Ende des Mittelalters unter kurmainzischer Herrschaft, die in der napoleonischen Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts ihr Ende fand. Ab 1803 gehört der Ort zum Fürstentum Aschaffenburg, das später Teil des Großherzogtums Frankfurt war. Dieses fiel nach der Niederlage Napoleons an Österreich; im Austausch gegen Tirol und Vorarlberg kamen des Fürstentums Aschaffenburg und damit auch Erlenbach am 26.6.1814 zu Bayern.
Vom Bauerndorf zur Industriestadt
Zu Beginn des 20. Jahrhundert beginnt in Erlenbach mit der Konfektionsschneiderei das Industriezeitalter. 1918 wird die Schellenbergersche Schiffswerft von Wörth nach Erlenbach verlegt und die Ansiedlung der Glanzstoff-Werke bringt nach dem Start ihrer Produktion 1924 vielen Bürgern Arbeit und Brot. Auch auswärtige Arbeitskräfte werden angeworben und manche ziehen zu , besonders als in der Werft- und Glanzstoffsiedlung (seit 1937) Wohnraum geschaffen wird. Auch nach Kriegsende bleibt Erlenbach für Neubürger attraktiv und es können weit über 1000 Flüchtlinge und Vertriebene aufgenommen werden. Diese große Zuzugstendenz hält auch an, als ausländische Gastarbeiter (in Erlenbach besonders Türken) angeworben werden.
Durch den Zusammenschluss von Erlenbach mit Mechenhard (1976) und Streit (1978) hat sich die Stadt Erlenbach a. Main weiter merklich vergrößert. Im Sommer 2000 wurde der 10.000ste Einwohner registriert. Die Stadt ist mittlerweile die größte Kommune des Landkreises Miltenberg.
Finanzielle Kraftakte
Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gilt Erlenbach zeitweise als "reichste Gemeinde Bayerns". Dank gut fließender Gewerbesteuerzahlungen ist es der Gemeinde möglich, schon frühzeitig und nachhaltig eine außergewöhnliche Infrastruktur aufzubauen. Die staatliche Anerkennung lässt nicht lange auf sich warten: 1955 wird die Gemeinde zum Markt, 1970 der Markt zur Stadt erhoben. Mit dem Kreiskrankenhaus und dem ersten Gymnasium im Altlandkreis Obernburg haben inzwischen auch überörtlich bedeutsame Einrichtungen ihren Standort in Erlenbach gefunden. Zusammen mit der Stadt Obernburg und dem Markt Elsenfeld wird Erlenbach im Rahmen der Landesplanung zum Mittelzentrum bestimmt.
Die finanziellen Möglichkeiten von Erlenbach sind kleiner geworden, die vorhandene Infrastruktur verlangt ihren Preis: Bergschwimmbad und Volkshochschule, Musikschule und Stadtbibliothek sind Einrichtungen, die Erlenbachs überörtliche Bedeutung in der Region hochhalten. Gleichzeitig belasten sie mit ihren Kosten die städtischen Finanzen. Hier eine hervorragende Infrastruktur, dort die angespannte Finanzlage - diese beiden Faktoren mit Zukunftsperspektiven in Einklang zu bringen, gleicht einer schwierigen Gratwanderung, die bisher aber gelungen ist.